Mitgebrachte Geschichten, Teil 3. Anlegen in die Länge ziehen.

Anlegen in großen Boxen ist mit DIGGER oft sehr speziell. Wenn ich die Heckdalben belegt habe, muss ich gefühlt immer noch eine halbe Stunde fahren, um am Steg anzukommen. Normalerweise läuft das Manöver so ab:

Box finden, die im Wind liegt. Auf der anderen Seite der Boxengasse in den Leerlauf schalten, um mit Restfahrt reinzufahren. Die Luv-Heckleine über den Dalben werfen. Die Leine habe ich immer auf voller Länge auf der Klampe belegt und nachdem der Palstek über dem Pfosten liegt, werfe ich die sauber liegende Leine ins Wasser. Sind die Boxen nicht zu breit, belege ich auch die zweite Leine. Fender brauche ich nur jeweils am Heckkorb, weil der Arsch immer der Drehpunkt der VA 18 in langen Boxen ist. Dann schnell mit den vorbereiteten Vorleinen zum Bug huschen. Meistens greife ich mir entweder ein Boot oder eine Sorgleine, ziehe mich nach vorn, belege am Steg und hole dann hinten dicht. Fertig.

Bei Seitenwind ist das entsprechend friemeliger. Wenn ich eine Sorgleine habe, werfe ich eine Leine in Luv drüber, damit das Boot nicht abdriftet. Wenn ich mit dem Arsch im Wind anlegen muss, ist alles wie immer, nur dass ich wesentlich schneller sein muss. DIGGER macht nur mit Sprayhood ordentlich Fahrt.

Soweit die Theorie.

Sønderborg. Seitenwind um 3-4. Suche mir eine Box mit Sorgleine und einen großen Luvlieger. Heckleine in Luv rüber, Lee Leine gelassen, weil Box zu breit. Zur Sorgleine geastet und sie gegriffen. Auf halben Wege stoppt das Boot. Heckleine zu kurz. Blöderweise habe ich meine Vorleinen im Cockpit nicht mit nach vorn genommen. Halte die Sorgleine mittschiffs fest. Wenn man eine Leine irgendwo drüber hat, muss man nur noch überlegen. Also schnell nach hinten gelaufen (was nicht schnell geht, denn ich muss mich unter den Wanten durchfriemeln), Vorleine geholt, wieder nach vorn. Mich nach vorn gezogen und dann festgestellt, dass ich in der Zwischenzeit vergessen habe, dass die Heckleine ja zu kurz ist. Also mich mit einer Schlaufe an der Reling und Sorgleine festgetüdelt und nach hinten gegangen. Es waren übrigens etwa 28 Grad. Erster Schweiss lief die Stirn runter. Heckleine abgemacht um eine zweite Leine dranzutüdeln und das ganze zu verlängern. Dabei gemerkt, dass ich mit der Schlaufe an der Reling zu unachtsam war, das Boot ging vorn langsam rum. Zweite Heckleine weg gelegt, erste Leine wieder belegt. Wieder nach vorn und die Schlaufe festgemacht. Wieder nach hinten und zweite Heckleine dran. Wieder nach vorn und mich an den Steg gezogen. Mittlerweile erreichte der Schweiss meinen T-Shirt Kragen. Wegen der langen Box und des Seitenwindes musste ich nun wieder nach hinten, um eine zweite Leine in Lee festzumachen und die Heckleinen dann über Kreuz zu belegen. Also ins Schiff gekrabbelt, die lange Leine aus dem Vorschiff gekramt, Polly an Deck geworfen. Wieder nach vorn und eine erneute Schlaufe um die Sorgleine gelegt. Nach hinten und zurück gezogen. Den Lee Dalben habe ich nicht ganz erreicht, da die Box so breit war und Digger in Luv an der Sorgleine hing. Diese Sorgleine lief mittlerweile über der Reling und an einer Relingstütze fest. Lange Leine aufgeschossen und zur Wurfleine gemacht. Irgendwas ging an dem Tag schief, denn ich hab den Dalben erst nach ziemlich vielen Versuchen getroffen. Leine belegt, nach vorn und rangezogen. Vorne beide Leinen belegt, nach hinten und Heckleinen über Kreuz und dann dicht geholt. Fertig. Dauer: runde 30 Minuten. Schaulustige: etwa 10 (von denen keiner auf die Idee kam, mir eine Hand zu geben). Jaulender, weil ungeduldiger Hund: 1. Schweiss: etwa 40 Liter.

Beim Verlassen des Bootes stellte ich dann etwas fest: die Box war rot markiert. ich hatte ein falsches Schild gesehen. Und musste verholen.

Ein paar Tage später habe ich dann Genugtuung erfahren. Bei recht viel Wind wieder in so einer superlangen Box angelegt. Wind von der Seite. Habe mich erst mal zwischen die Heckdalben verkeilt und dann überlegt, wie ich das mache. Weit und breit keine Sorgleine und kein Boot zum festhalten. Also die lange 40 Meter Leine geholt und gedacht: irgendwann werde ich den Dalben vorne schon treffen. Auf einigen Booten sassen Eignerpaare beim Kaffee. Am Steg stand jemand, der zusah, aber auch nix machen konnte. Also beide Enden der Wurfleine aufgeschossen, Leine geteilt. Ein Ende unter den Fuß, das andere auf die Klampe und gehofft, den 12m Wurf bis Sonnenuntergang hinzukriegen. Wurf 1 – sitzt! Reine Glückssache, aber ich war mit dem ersten Wurf am Dalben fest. Muss von außen ausgesehen haben wie ein Lasso-Künstler. Mir nix anmerken lassen, mich nach vorn gezogen. Unter Deck zu Polly gegangen und die Becker Faust gemacht.

Bildschirmfoto 2013-07-19 um 12.10.37

8 Gedanken zu “Mitgebrachte Geschichten, Teil 3. Anlegen in die Länge ziehen.

  1. Und ich dachte dass würde nur mir passieren… ;)

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    • Weil das bei Seitenwind erheblich mehr Stabilität bringt.

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  2. Immerhin hast Du kein Bad im Hafenbecken nehmen müssen, was mir beim Heckleinekorrigieren in der viel zu großen Box passiert ist, weil die freiwillige Hand am Steg den Bug schon mal in passable Reichweite für das Betreten/Verlassen meines Jollis ziehen wollte…

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  3. Kenne ich irgendwoher.
    Als ich damals mit meiner segelunerfahrenen Freundin in Nordfriesland unterwegs war habe ich ihr extra lange erklärt wie das mit den Dalben und den Leinen funktioniert und dass sich nachher über den Bugkorb klettern muss – man bedenken bei den meisten Steganlagen in der Nordsee legt man entweder längsseits oder an Fingerstegen.
    Dann kam der große Moment und das Wasser lief auch schon gut weg, Resultat beim Anlegen mitten zwischen den Dalben trockengefallen. Naja 6 Stunden später ging es weiter, aber zwischendurch war kein rankommen an den Steg oder an ein Nachbarboot.

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