Ananas ist keine Lösung.

Schon mal Werbung für neue Yachten gesehen? Die Branche verkauft ihre Produkte seit Jahren im High-Level-Segment. Soll heissen: wer eine 42 Fuss Yacht kauft, erwirbt auch immer einen Hauch Abramovic. Jede Yacht wird unter Vollzeug aus dem Helikopter geschossen und im Innenteil des Prospektes sitzt die Crew (die Dame gern mit weissem Hut) am Tisch. In der Mitte eine Ananas – man will ja mediterran, exklusiv und wohlhabend wirken. Und dazu natürlich viele weitwinklige Bilder vom großzügigen Innenraum.

Ich frage mich seit Jahren folgendes: die Bootsbaubranche proklamiert immer, dass sie nur überleben kann, wenn sie größere Yachten baut. Nun bauen alle seit Jahren größere (mit 28 Fuss wirst Du heutzutage belächelt) Yachten, aber dennoch meldet eine Werft nach der anderen rote Zahlen oder auch gern mal Konkurs an. Hallo? Merkt ihr es eigentlich?

Eine Studie hat auf der BOOT gezeigt, dass die Segler überaltern. Was nicht wirklich überrascht. Reaktion: Barrierefreie Schiffe. Ich nenne es immer: Rollatorplätze auf dem Vorschiff. Anders gesagt: begleiten wir doch unsere Klientel beim Aussterben. Und legen uns einfach dazu. Bis es vorbei ist, verdienen wir halt ein wenig.

Nun, ich war gerade überraschenderweise Aussteller auf der Boot. Geschätzt 500 Leute sassen in meiner kleinen Kajüte. Überwiegend waren die Leute von dem kleinen Boot teilweise begeistert, teilweise überrascht. Wer jetzt vermutet, dass ich Eigenwerbung betreibe, der lese bitte nicht weiter sonder blättere besser im neuen Amel-Katalog.

Was habe ich auf der Messe festgestellt? Kleine Boote sind im Trend! Übrigens stützt sich diese Zahl nicht nur auf mein persönliches Empfinden. Boote bis 7m verzeichnen offiziell – so hörte ich – einen Zuwachs. Es gibt viele Menschen, die realisieren, dass man keine Waschmaschine an steuerbord haben muss, um glücklich zu sein. Ich selbst habe letztes Jahr festgestellt, dass die Ananas keine Lösung ist. Ich hatte auf 5,75m (18 Fuß) einen riesen Spaß. Mir dünkelt auch, dass der Hype um kleine Boote nun stabil geworden ist, und viele Werften darüber nachdenken, auch mal bewohnbare 18- 24 Fuss neu zu entwickeln. Immer 15m wird auch langweilig. Und 6 m sind halt bezahlbar. Auch für Einsteiger.

Nicht falsch verstehen. Ich habe nichts gegen große Yachten. Aber bitte – liebe Branche – macht mehr kleine Boote und verzichtet öfter auch mal auf die Ananas beim Shooting. Dann holt ihr auch mal den ein oder anderen 25jährigen ab.

Wenn ich mir ganz geheim was wünsche, dann auf der nächsten Messe eine Weltpremiere: die Amel 17.

Von Champions League und 2ter Liga.

Man stelle sich folgende Grundvoraussetzungen für eine Wassersportmesse vor:

Messe A.

Messe A liegt nicht weit von der Küste entfernt. In der Messestadt A ist Segeln und Wassersport weit verbreitet. Im nahen Einzugsgebiet liegt unter anderem Dänemark, wo man sogar zur Apotheke mit dem Boot fährt. Diese Messe findet 6-7 Monate vor der Wassersportsaison statt, so dass man sein Boot in der Regel rechtzeitig bekommt.

Messe B.

Messe B liegt im Binnenland, keine Küste weit und breit, nur ein paar Binnenseen und ein größerer Fluß. Holland liegt im Einzugsgebiet, wo auch recht viel Wassersport getrieben wird. Messe B findet 3-4 Monate vor der Saison statt, so dass Liefertermine in der Regel knapp sind.

Welche Messe hat die besseren Voraussetzungen? Richtig, natürlich A.

Der findige Leser hat bereits gemerkt, dass es sich um die hanseboot in Hamburg (A) und die BOOT in Düsseldorf (B) handelt. Und in der Realität ist es genau anders herum. Düsseldorf ist eine andere Welt. Sowohl Aussteller als auch Besucher waren überwiegend zufrieden, und auch der Anteil der Begeisterten war recht hoch. Insgesamt macht es den Eindruck, als hätte diese Messe der ganzen Branche mal wieder richtig gut getan.

Nur, woran liegt es, dass Düsseldorf so weit vorne liegt? Bei denkbar schlechteren Grundbedingungen?

Um ehrlich zu sein – ich habe keine Ahnung. Ich habe aber Eindrücke mitgenommen. Und über die will ich mal berichten.

1. Öffentliche Präsenz.

Selbst der letzte Mensch bekommt im Rheinland mit, dass die BOOT ist. Die ganze Stadt hängt voller Plakate, Banner und Leuchtschilder. In der Innenstadt sah man sogar diese Baustellen-Leuchtschilder, die man eigentlich nur von Autobahnen kennt, auf denen groß “Messe BOOT vom 19.-27.1.2013″ erstrahlte. Leicht angesäuselt sah ich irgendwann nachts sogar in der Altstadt ein riesiges Banner “BOOT” über mir flattern. Man kommt nicht drumherum, ständig in Werbung zu laufen. Alle Achtung!

In Hamburg ist das gefühlt anders. Wir wurden sogar von einem Taxifahrer auf dem Weg zum Messegelände gefragt, was denn derzeit für eine Ausstellung sei. Ja, es ist auch Werbung vorhanden, aber man muss schon sehr aufmerksam sein, um die CLPs an den Bushaltestellen zu sehen. Da liegt Düsseldorf eindeutig vorne.

2. Organisation und Angebot.

Düsseldorf.

Die Bühne des Segelcenters in D war stets gut besucht. Die Aufmachung und Präsentation ist gelungen und alles schön in Szene gesetzt. Ich bin mir auch sicher, dass es etwas bringt, bekannte Moderatoren wie in D zum Beispiel Nils Karben (kennt man u.a. vom Sportstudio) auftreten zu lassen. Da bleibt der ein oder andere gern mal stehen und schaut zu, und das ganze bekommt einen wirklich professionellen Eindruck. Das war wirklich gut gemacht.

Die Hallen sind groß, voller Stände und man sieht auch viele aufgeriggte Boote. Leerflächen sieht man keine, ich jedenfalls habe keine gesehen.

Gut gelaunte Aussteller verkaufen mehr. Zur guten Laune trägt sicher auch so etwas wie der große Messeball bei, der wirklich gut organisiert ist und jedes Jahr zum Treff der Branche wird.

In Hamburg fühlt sich alles etwas anders an. Teilweise recht spärlich gefüllte Hallen, keine offizielle Party und meines Erachtens ein ziemlich verkümmertes Meet The Experts Forum hinterlassen bei mir einen ganz anderen Eindruck.

Wie ich hörte, soll in HH kommende Saison umgekrempelt werden. Die neuen, großen A-Hallen bleiben geschlossen und es wird nur in den B Hallen präsentiert. Da denke ich: ist das richtig? Sollte das nicht eher andersrum laufen? Sollte sich Hamburg nicht eher neu und groß präsentieren?

3. Besucherfreundlichkeit.

In Düsseldorf fährt man mit seinem Ticket umsonst mit der VRR. Und die Bahnen zur Messe fahren in sehr kurzer Taktung direkt vor den riesigen Bahnsteig am Eingang.

Auf der Messe findet man zwischen den Hallen einen Supermarkt sowie eine ziemlich große Fressmeile, die zu einem beliebten Treff geworden ist.

In Hamburg bekommt man 2 Euro erstattet, wenn man seinen HVV Schein vorzeigt. Bei einem Tagesticket bleiben so noch knapp 4 Euro an Öffi-Kosten. Nicht dass niemand diese 4 Euro bezahlen kann, aber es ist irgendwie ein Zeichen.

Und ich finde, auch bei den Fressbuden liegt Hamburg irgendwie hinten, präsentiert sich irgendwie kümmerlicher.

 

Mein Fazit: Düsseldorf ist Champions League, Hamburg nach meinem Empfinden eher im unteren Tabellendrittel der 2ten Liga. Ich hoffe, dass die Hanseboot irgendwann die Kurve kriegt. Ich würde es mir wünschen. Der Ausblick auf B-Hallen lässt allerdings anderes erahnen. Und die unterschiedlichen Stimmungen bei den Ausstellern auch. Ich bin mir dennoch sicher, dass mit innovativen und zu Ende gedachten Konzepten die Hanseboot zu retten ist. Ich gehe dieses Jahr auch wieder hin. Wegbleiben bringt nichts.

 

 

Messegeschichten, Teil 2.

1. Hundecreme.

Letzten Samstag. Ich stehe vor der Tür und unterhalte mich. Eine Dame kommt vorbei, sieht Polly und juchtzt ein: “Süüüüß! Ist der noch ein Welpe?” zu mir. Ich erkläre ihr, dass Polly bereits 6 Jahre alt ist. Ihre Frage, warum die so jung wirkt, beantworte ich mit einem Standardscherz:

“Ich creme sie jeden Abend ein.”

10 Minuten später stehe ich am Boot und rede mit einem Interessenten. Plötzlich tippt mir jemand auf die Schulter. Die Dame steht wieder neben mir: ” Entschuldigen Sie bitte, dass ich Sie unterbreche – aber ich wollte fragen, welche Creme sie für den Hund benutzen.”

2. Der Steinmetz

Auf der Bühne des Segelcenters sitze ich mit Bastian Hauck und Hinnerk Weiler Mitte der Woche in der Talkrunde zum Thema kleine Boote. Hinnerk beantwortet die Frage nach der Finanzierung von Langzeittörns ausgiebig. Unter anderem gibt es ja auch – so wie bei ihm als Journalist – unterwegs an Bord zu arbeiten. In der anschliessenden Diskussion wird festgestellt, dass es viele Berufe gibt, die man auch von unterwegs ausüben kann. Ich füge noch kurz hinzu: “Ausser als Steinmetz auf so kleinen Booten wie unsere.”

Einen Tag später bekommt Hinnerk eine eMail. Ein Zuschauer, der im Publikum saß, schreibt ihm, dass er auch hin und wieder längere Zeiten auf dem Boot verbringt. Sein Beruf: Steinmetz!

3. Captain Future

Am Stand von LEE Sails am letzten Wochenende. Es ist die Hölle los. Ein Kunde greift sich LEE Sails Chef Andreas Zill und bittet ihn, sich für eine persönliche Beratung Zeit zu nehmen. Mit Kaffee wird sich an einen der Tische gesetzt, dann erläutert der Kunde, worum es geht:

“Ich plane, mir in 5 Jahren ein neues Segel zu kaufen. Was kostet sowas?”

 

Ich könnte noch stundenlang weiter schreiben, mir fehlt aber die Zeit. Bis dahin müsst ihr Euch mit einem Foto begnügen. Polly hat ihr Traumboot gefunden. Ahoi!

 

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Messegeflüster.

Das war hart. Messe ist vorbei, Polly kann nicht mehr gehen. Und ich ebenso.

Vielen Dank für die ganzen tollen Begegnungen, Gespräche und an all die vielen Menschen, die uns besucht haben. Ich bin von dem Andrang völlig überwältigt.

Morgen früh gehts heim. DIGGER ist wieder transportfähig verpackt und fährt erst mal nach Greifswald. Bevor die Saison losgeht, sind wir noch auf der Boatfit in Bremen und der Magdeboot zu sehen. Auf der Magedeboot Seite könnt ihr schon einmal ein wenig darüber lesen.

http://www.magdeboot.de/index.php?id=blogeintrag&tx_ttnews%5Btt_news%5D=939&cHash=3ecb8d255ae58866e991395e71a3970f

Ein paar lustige Geschichten gibt es auch noch. Vielleicht sind sie auch stellvertretend für die ausgesprochen gute Stimmung auf der BOOT.

 1. Pizza Essen.

ISTEC Parasailor, Halle 11, am vorletzten Donnerstag. Am Stand wird man beim Aufbau hungrig und so wird beschlossen, einen Pizzadienst zu ergoogeln, der auch die Messe beliefert. Die Suche „Pizzaservice Messe Düsseldorf“ liefert auch prompt ein Ergebnis. Also hat Volker Lamp von Istec die Telefonnummer angeklickt und wurde auch sofort verbunden. Er bestellte telefonisch und gab als Lieferadresse Halle 11 und die Standnummer durch.

Etwa 30 Minuten später ruft der Boote, sorry… Bote an. Er erklärt, dass er den Stand nicht findet, er sei in Halle 11. Volker versuchte dann eine Weile, ihn telefonisch zu leiten. Leider klappte das nicht, so dass der Bote nach der Standnummer gefragt wurde (clever), an dem er nun stehen würde. Volker lief hin. Kein Bote zu sehen.

„Ich bin am Stand C 14“.

„Ich auch.“

Immer noch niemand zu sehen.

Dann kam Volker die Idee, den Boten zu bitten, jemandem vom Standpersonal das Handy zu geben, um die verfahrene Situation zu klären. Nach einigem hin und her, und nach dem  der Begriff „Parasailor“ fiel, sagte ihm sein Gegenüber am Telefon:

„Sail? Seid ihr in Düsseldorf?“

„Ja,“

„Okay, hier ist nämlich Essen, die Messe in Essen.“

 2. Wasserwechsel.

Polly hat an unserem Stand am Podest meines Bootes immer einen Plastikbecher mit Leitungswasser stehen. Hin und wieder halte ich ihr den Becher hin. So auch vorgestern. Sie riecht am Becher, wendet sich angeekelt ab. Ich wundere mich kurz, schaue mir den Becher genau an. Das Wasser perlt. Mineralwasser. Da hat jemand seinen Becher verwechselt und Pollys Wasser weg gesüppelt. Oops!

3. Kunden vergraulen via Facebook. Es geht!

Die Firma Odin hat sicherlich viel Geld für den Messestand bezahlt (Messestände kosten viel Geld). Bemerkenswert ist der sehr persönliche Eindruck des Vermieters des Messestands, der BOOT. Auf Facebook habe ich folgenden Eintrag gefunden:

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 4. Im Rheinland sagt man:„Stümmelschen“.

Auf der Varianta 44 steht einer dieser üblichen Stummelmasten. Da die Hallendecken nicht hoch genug sind, wird ein etwa 2,50m kurzer Alustummel aufs Schiff gepackt. Ich half Freitag noch beim Stellen.

Heute war ein Kunde sehr begeistert von dem 44 Fuss langen Schiff. Beim Rundgang am Deck fragte er einen der Berater:

„Ist das der Original Mast?“

Schönen Gruß aus Düsseldorf!

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DIGGER zum anhören..

Meine Fresse, ist Hinnerk Weiler schnell…

Gestern nachmittag via Skype und iPhone ne Weile gequatscht und heute schon online:

Segelradio, Folge 5.